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200 Jahre Karneval ist nicht nur ein Blick in die Geschichte, sondern belegt auch die Bedeutung des Fastelovends für den gesellschaftlichen Wandel
Dreigestirn: Zwischen Historie und Histörchen
200 Jahre Karneval ist nicht nur ein Blick in die Geschichte, sondern belegt auch die Bedeutung des Fastelovends für den gesellschaftlichen Wandel
200 Jahre Karneval ist nicht nur ein Blick in die Geschichte, sondern belegt auch die Bedeutung des Fastelovends für den gesellschaftlichen Wandel
Der Rosenmontagszug von 1954 zieht durch Köln Bild: zVg

200 Jahre alt werden der organisierte Karneval und mit ihm der Rosenmontagszug. Beide waren die Voraussetzung dafür, dass sich alle heute so selbstverständlichen Strukturen und Institutionen entwickeln konnten.

Das Dreigestirn, Sitzungen und Bälle, die ganze Vielfalt der Kölner Karnevalsgesellschaften, ja selbst das Komitee selbst: Sie entwickelten sich erst im Laufe der vergangenen zwei Jahrhunderte. Dabei war der Karneval immer auch Spiegel der Zeit – mal politisch-brisant und mal auf „Kuschelkurs“ mit der Obrigkeit. 

Die ersten 50 Jahre

Knatsch und Klüngel gehören in Köln zum Karneval wie seine Karnevalsgesellschaften. Eine Entwicklung, die ihre Anfänge bei Heinrich von Wittgenstein findet, der 1822 eine Gruppe bildungsbürgerlicher Kölner zusammenbrachte, um das alte Volksfest Karneval zu erneuern und wieder zu beleben. Sie bilden die Keimzelle des späteren Comités und legten den Grundstein für vieles, was noch heute zum Fest gehört. Die Versammlungen, bei denen etwa auch gemeinsam gesungen wurde, sind eine Keimzelle der heutigen Sitzungen und damaligen Bälle. Aber natürlich gehörte zu den Innovationen insbesondere der Rosenmontagszug, der am 10. Februar 1823 unter dem Motto „Thronbesteigung des Helden Carneval“ erstmals durch die Stadt zog. Zunächst waren im Zug nur Bauer und Jungfrau seit 1825 vertreten. Uneinigkeiten im Comité führten zur Spaltung und zur Gründung einer zweiten Karnevalsgesellschaft. 1844 trennt sich die Allgemeine KG von der Großen KG. Letztere war bis dato gleichbedeutend mit dem Festkomitee gewesen. Zwei KGs? Das war irgendwie kompliziert. Die Parteien konnten sich zwar 1848 einigen, aber das öffnete die Schleusen für neue Gesellschaften, die letztlich die heute übliche, bunte Vielfalt begründeten. In der Zeit von Revolution, Restauration und Reichsgründung kam die industrielle Gründerzeit auch im ständig wachsenden Köln an. Der Karneval stand mal unter strenger Beobachtung bis hin zum Verbot (1851/52), mal war er ganz staatsgetreu und ließ sich etwa vom nationalen Taumel nach der Reichsgründung 1871 mitreißen. In dieser Zeit wurde der „Held“ 1872 auch zum „Prinzen“ Karneval umbenannt. Zum Stillstand des Rosenmontagszugs 1873, zum 50. Jubiläum, sorgte das Wetter, das von Schnee und Kälte geprägt war.

Rasantes Wachstum

Die Rivalität zwischen Großer KG und Großer Kölner blieb, beide einigten sich 1888 aber auf den Kompromiss, gemeinsam das Festordnende Komitee zu bilden. Die Präsidenten beider Gesellschaften amtierten nun als Doppelspitze.Das Modell funktioniert bis 1908 gut, und der Karneval boomte wie die Stadt. Der Kölner Karneval erlebte vor dem ersten Weltkrieg eine Blütezeit. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts gab es eine wahre Gründungswelle, und viele der heute noch im Komitee organisierten Gesellschaften entstanden.

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Das Dreigestirn des Jahres 1923 Bild: zVg

Das lag wohl auch am Stadtwachstum: Die Marke von einer halben Millionen Einwohnern wurde 1910 geknackt. Zwei Jahre zuvor vereinbarten die Große KG und die Große Kölner, dass sich nun ihre Präsidenten an der Spitze des Komitees abwechseln sollten. Auch das funktionierte, sodass der letzte Zug vor dem ersten Weltkrieg zum bis dahin prächtigsten und größten wurde. Ein Jahr später befand sich Europa im Krieg, an Karneval war nicht zu denken. Denn nach Kriegsende herrschten Inflation und wirtschaftliche Not, die englischen Besatzer verboten das Fest. Dennoch wagten schließlich drei Männer den Neubeginn: Peter Prior, Carl Umbreid und Fritz Maaß entwarfen 1922 eine neue Satzung des Festkomitees: Von nun an kann sich jede Karnevalsgesellschaft der Stadt dem Komitee anschließen – damit gibt es die bis heute gültige Struktur.

Viele Innovationen

Sitzungen wurden ab 1925 wieder erlaubt, der erste Rosenmontagzug 1927 veranstaltet. 1934 wird das „Festorndnende Komitee“ im Zuge der NS-Machtergreifung aufgelöst. Schwieriger war der Neubeginn nach dem zweiten Weltkrieg. Ab 1949 gab es wieder einen Zoch. Viele Innovationen wurden in dieser frühen Nachkriegszeit geboren: Das Literarische Komitee und der „Große Senat“ ebenso wie die vereinten Schull- un Veedelszöch. Selbst die Sessionseröffnung am 11.11. und die Mädchensitzungen (als „Hausfrauennachmittag“) sind„Erfindungen“dieser Zeit.

Wiederaufbau und Wirtschaftswunder prägten die folgenden Jahrzehnte, in denen es auch für den Karneval aufwärts ging. Das Fest bot genau die richtigen Formate für den Zeitgeist,der NS-Unrecht und Kriegstraumata ad acta legen wollte. Bereits 1950 säumten zum 1900. Stadtjubiläum erstmals rund eine Millionen Zuschauer den Zugweg. 1965 zieht der Zoch erstmalig durch die Altstadt, das erste Kinderdreigestirn wird proklamiert. 1973, spendet die Stadt de noch heute genutzten beleuchtenden Straßendekorationen. Ein Sternmarsch führt die Jecken aus allen Richtungen zum Rathausplatz.

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Ein Schnappschuss aus dem Jahr 1884 Bild: zVg
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1938: Die erste weibliche Jungfrau heißt Paula Zapf Bild: zVg

Alternative Formen

Der Umzug des Festkomitees in sein Domizil am Maarweg im Jahr 1999 war sichtbares Zeichen für den Beginn einer Professionalisierung und auch Öffnung: Erstmals waren alle Funktionsbereiche inklusive der Wagenbauer unter einem Dach zusammen. Neben der überfälligen Aufarbeitung der NS-Jahre wurden zugleich eine Reihe neuer KGs in den Kreis der Komitee-Gesellschaften aufgenommen, der Dialog mit alternativen Karnevalisten in Angriff genommen. Ebenfalls notwendig wurde auch einmal mehr, Auswüchse zu bekämpfen. Das Festkomitee bemühte sich deshalb zum Beispiel gemeinsam mit der Stadt, jungen Feiernden an den Hotspots wie dem Kwartier Latäng einen Ort zum sicheren Feiern zu bieten–eine Aufgabe, die wohl auch in den kommenden Jahren ein Thema bleiben wird.

„Der Fasteleer war immer auch ein Spiegel der Zeit”

Die grossen Veranstaltungen

6. Januar 2023
Prinzenproklamation (geschlossene Veranstaltung), Übertragung am 8. Januar im WDR

11. Januar 2023
ZDF-Fernsehsitzung „Kölle Alaaf“
– Die Mädchensitzung

14. Januar 2023
WDR-Hörfunksitzung „Kölle Alaaf“

8. und 10. Februar 2023
WDR-Fernsehsitzung

20. Februar 2023
Rosenmontagszug