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Der Höhner-Frontmann Henning Krautmacher und sein Nachfolger Patrick Lück schildern ihre Gedanken zum Band-Jubiläum und ihre Pläne für die Zukunft
„Man spürt, dass die Menschen nach Livemusik lechzen“
Der Höhner-Frontmann Henning Krautmacher und sein Nachfolger Patrick Lück schildern ihre Gedanken zum Band-Jubiläum und ihre Pläne für die Zukunft
Der Höhner-Frontmann Henning Krautmacher und sein Nachfolger Patrick Lück schildern ihre Gedanken zum Band-Jubiläum und ihre Pläne für die Zukunft
Sie schauen entspannt auf die kommenden Wochen: Patrick Lück (l.) und Henning Krautmacher. Bild: Höhner, Lück

50 Jahre Höhner, ein besonderes Jubiläum. Du warst für lange Zeit ein prägendes Mitglied dieser Band. Was waren deine schönsten Erlebnisse?Krautmacher: Sicher könnte ich eine ganze Reihe von Ereignissen aufzählen, die allesamt recht spektakulär sind. Denn wer kann schon auf ein 50-jähriges Band-Bestehen und 30 Jahre „Höhner Classic“ schauen? Doch damit nicht genug: Vor 30 Jahren waren wir auch dabei und haben den Grundstein für die Fusion einiger Kölner Bands gelegt. Die „AG Arsch huh, Zäng ussenander“ hat dann am 9. November 1992 mit dem legendären Konzert auf dem Chlodwigplatz Stadtgeschichte geschrieben. Da empfinden wir bis heute noch dieses unfassbare Gemeinschaftsgefühl. Mehr als 100.000 Menschen sind damals in einem guten Geist zusammengekommen und waren erfolgreich. Denn es ist uns gelungen, die „braune Brut“ aus dem Kölner Stadtrat erst einmal fernzuhalten. Allerdings gibt es einen Wermutstropfen: Auch heute noch – 30 Jahre später – müssen wir immer noch wachsam sein, was da aus der rechten Ecke kommt. Jede Menge schöne Erlebnisse hatten wir natürlich auf unseren Reisen, die uns unter anderem zur Fußball-WM 2014 nach Brasilien, nach Irland, Kuba oder mit den Roten Funken auf der Route 66 quer durch die USA bis nach Las Vegas geführt haben. Herausragend war sicher auch unser Auftritt als erste westeuropäische Band auf der Chinesischen Mauer. Das war nur dem Umstand zu verdanken, dass der Besitzer eines Hotels über ein 200 Jahre altes Familienrecht verfügte, wodurch er das Kulturprogramm bei Feiern an der Mauer bestimmen durfte. So hat uns der Hotelmanager ermöglicht, dort zu spielen – wenn das kein kölscher-chinesischer Klüngel war. Von solch einzigartigen Erlebnissen zehren wir bis heute.Ihr seid mit der Band viel unterwegs. Hat sich das Bild von Köln über die Jahre im Ausland verändert?Krautmacher: Das Leben ist doch voller Zufälle. Hätte es die Freundschaft zu den Roten Funken nicht gegeben, dann hätten wir sicher einige der Reisen nicht gemacht. Man befruchtet sich da gegenseitig. Die „Stadtvorderen“ haben dann irgendwann erkannt, dass die besten Geschäfte im Leben irgendwo in einer lockeren Atmosphäre getätigt werden. Und bei einem Konzert steht man nachher oft noch bei einem Gläschen Wein oder einem chinesischen Bier zusammen und dabei entstehen neue Verbindungen. So wurden wir vor einigen Jahren tatsächlich zu Wirtschaftsbotschaftern der Stadt Köln – sogar mit Zertifikat. Aber wir fühlen uns auch so als Botschafter. Denn wir erleben ja immer wieder, dass – wie zuletzt in einer Gemeinde an der Schweizer Grenze – ein Bürgermeister auf die Bühne kommt und erzählt, wie er sich nicht nur mit uns als Band beschäftigt hat, sondern auch mit der kölschen Lebensart. So entsteht Verständnis füreinander und schließlich zugleich Freundschaft.

Wie habt Ihr nach der langen Pause die Rückkehr auf die Bühne erlebt?

Krautmacher: Allgemein kann man schon feststellen, dass sich vieles grundlegend verändert hat. So bleiben bei ausverkauften Konzerten immer wieder viele Plätze leer. Sicher kleben noch viele Tickets an Kühlschrank-Türen, weil sie noch eingelöst werden sollen oder in Vergessenheit geraten sind. Ebenso gibt es Leute, die es noch für zu gefährlich halten, mit anderen in einem Konzertsaal zu sitzen. Nicht zuletzt, haben die Menschen in den zurückliegenden drei Jahren gelernt, dass oft genug ganze Konzert-Serien abgesagt werden müssen. So kaufen viele erst kurzfristig ihr Ticket, um relativ sicher zu sein, dass ein Event wirklich stattfindet.

Wie reagieren die Menschen auf eure Konzerte?

Lück: Wenn die Leute kommen, dann spürt man, dass sie nach Livemusik lechzen. Die Menschen möchten wieder feiern. Wir haben das Gefühl, dass unsere Fans noch bewusster die Musik aufsaugen und sich freuen, dass wieder etwas stattfindet.

Hand aufs Herz: Verspürst Du als neuer Frontmann der Höhner einen gewissen Druck?

Lück: Ich habe gar keine Zeit, mir über Druck Gedanken zu machen. Wir sind jeden Tag in irgendeiner Form gefordert und unterwegs – sei es auf der Bühne oder zu Interviews oder Signierstunden für das neue Buch. Daher habe ich gar keine Muße, nachzudenken, was kommt, wenn Henning nicht mehr dabei ist. Aber dafür bin ich auch kein Typ. Ich nehme Aufgaben an und auch ernst, natürlich mit Respekt vor den letzten 50 Jahren, die wahrscheinlich nicht zu toppen sind.

Was hast Du Dir für die nächste Zeit vorgenommen?

Lück: Ich habe zwar noch eine Künstler-Agentur, aber es ist jetzt 100 Prozent Höhner angesagt. Denn ich habe ja noch Premieren vor mir, wie den im Oktober anstehenden Höhner-Circus. Da wäre es kontraproduktiv, wenn ich noch anderes im Sinn hätte. Wichtig ist mir, dass ich mit den Höhnern einen Bogen spannen kann. Also, nicht alles auf „Null“ stellen, sondern das mitnehmen, was die Höhner immer ausgemacht hat. Ich möchte da die „Tradition“ nennen, die sich immer weiterentwickelt und mit anderen Einflüssen neu erfunden wird. Das ist ein Spagat. Auf der einen Seite Altbewährtes und die „kölsche Sproch“ in der Musik zu wahren, Botschafter für Köln und das Kulturgut zu sein. Auf der anderen Seite aber möchten wir mit der Zeit gehen, modern sein und auch Neues ausprobieren. Aber auch das hat schon Tradition bei den Höhnern, denn sie sind und waren immer Vorreiter in Sachen Musik.

Wie wirst Du die Zeit nach den Höhnern gestalten?

Krautmacher: Erst mal habe ich unglaublich viel damit zu tun, Anfragen abzusagen. Ich erkläre immer wieder, dass Ende des Jahres meine Zeit mit den Höhnern auf der Bühne vorbei ist. Und ich werde den „Teufel tun“, auf irgendwelchen anderen Brettern zu stehen, die die Welt bedeuten. Ich möchte einfach erst mal die Füße stillhalten und in der Versenkung verschwinden. Da werde ich aber nicht untätig sein. Denn ich habe in den vergangenen Jahren das Malen stark vernachlässigt. Ich werde auch wieder intensiver kochen, denn es fehlt noch ein vegetarisches oder veganes Kochbuch. Sicher werde ich meinen Kollegen noch das eine oder andere Song-Angebot machen. Und ich möchte auch noch meinen ersten Trivialroman schreiben – über die Musikszene, Sport, Mord und Totschlag. Dafür habe ich schon ein Angebot eines namhaften Verlages, und das macht mir Mut. Darüber hinaus habe ich die Herzensbitte an meine Kollegen, unsere Sozialprojekte weiterzuführen. Ich fände es auch zutiefst unseriös, wenn ich jetzt in Rente gehen und mich um nichts mehr kümmern würde. Diese Projekte werde ich im Stillen weiter mitbetreuen, aber nicht mehr als Sprachrohr. Dafür sind die Höhner viel besser geeignet.

Der Höhner-Frontmann Henning Krautmacher und sein Nachfolger Patrick Lück schildern ihre Gedanken zum Band-Jubiläum und ihre Pläne für die Zukunft-2
Henning Krautmacher (l.) und Patrick Lück begeistern derzeit gemeinsam auf der Bühne ihre Fans. Bild: Höhner/J-spics, Jörg Schnebele

Was wünscht Ihr euch mit dem Blick in die Zukunft?

Krautmacher: Erst mal wünschen wir uns, dass wir dazu kommen, mit der Situation Covid 19 zu leben. Ich glaube, es ist noch nicht bis zum Letzten durchgedrungen, dass uns die Problematik erhalten bleiben wird. Sobald sich das endlich in den Köpfen manifestiert hat, wird es wieder ein normales Leben auf den Bühnen geben. Dann wünsche ich den Höhnern, dass sie noch ganz viele Babys gebären, so nennen wir liebevoll unsere Songs. Aber auch, dass alle Babys, die schon laufen gelernt haben, immer noch ans Händchen genommen und live auf der Bühne präsentiert werden. Natürlich sollen noch viele Geschwisterkinder dazu kommen.

Lück: Wir sind ja jetzt schon fleißig dabei, neue Songs zu komponieren. Wir haben im „Eier-Körbchen“ schon einiges liegen. Daher freuen wir uns schon jetzt darauf, im kommenden Jahr mit den „new chickens“ ein neues Album zu präsentieren.

Krautmacher: Ich sehe es schon vor mir: Jetzt lautet die Schlagzeile: „Die Höhner sind schwanger!“

Lück: So könnte man das wohl ausdrücken. Aber eines ist mir noch wichtig: Da wir auch auf den Social Media-Kanälen präsent sind, fällt mir auf, dass die Menschen nicht mehr sonderlich sensibel im Umgang miteinander sind. Da wünsche ich mir manchmal, dass Moral und Ethik aus der Kinderstube zurückkommen. Dann bekommt man die Krisensituationen auch wieder besser in den Griff. Vielleicht dürfen wir dann auch hoffen, dass dieser furchtbare Krieg in Europa ein Ende hat.  

"Ich wünsche mir manchmal, dass Moral und Ethik aus der Kinderstube zurückkommen"