YPE html> Ein schleichender Prozess | Kölnische Rundschau
Spezialeinsatzkräfte stehen auf dem Bordstein vor einer Siegburger Schule.

Eilmeldung

Zeugen berichten von Schüssen: Amokalarm an Siegburger Schule

Abo
Login

Rundschau PLUS abonnieren

Zum Abo-Shop

Artikel teilen

Schriftgröße ändern

Artikel zur Merkliste hinzugefügt

Rückgangig

Artikel von der Merkliste entfernt

Sie folgen nun

Rückgangig

Sie folgen

Ein schleichender Prozess
Viele verschiedene Ursachen können zum Hörverlust führen Unbehandelte Schwerhörigkeit birgt gesundheitliche Risiken
Ein schleichender Prozess
Ein schleichender Prozess
Am Anfang steht ein Hörtest.

Ein Hörverlust setzt meist schleichend ein und bleibt lange Zeit unbemerkt. Doch schlechteres Hören strengt an, es mindert die Konzentrationsfähigkeit und führt zu Ermüdungserscheinungen. Noch immer werden die gesundheitlichen Risiken einer unbehandelten Schwerhörigkeit unterschätzt. Zahlreiche Studien belegen beispielsweise einen Zusammenhang zwischen einem unversorgten Hörverlust und einem erhöhten Demenzrisiko. Neben kognitivem Leistungsverlust und Depression aufgrund sozialer Isolation können häufige Kopfschmerzen ebenso körperliche Symptomen einer unerkannten Schwerhörigkeit sein, wie Verspannungen und Schlafprobleme. Bei den meisten Menschen nimmt ab dem 50. Lebensjahr allmählich die Fähigkeit ab, hohe Frequenzen zu hören. Das ist ein ganz natürlicher Prozess, der allerdings mit einem erhöhten Risiko für Schwerhörigkeit einhergeht. Deshalb spricht sich der Deutsche Berufsverband der Hals-Nasen-Ohren-Ärzte gemeinsam mit dem Bundesverband der Hörsysteme-Industrie BVHI dafür aus, ein regelmäßiges Hörscreening ab dem 50. Lebensjahr in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen aufzunehmen. Denn nur ein erkannter Hörverlust kann medizinisch angemessen versorgt werden. Und hierbei geht es nicht nur um mehr Lebensqualität für Betroffene, sondern auch um eine wirksame Vorbeugung möglicher Folgeerkrankungen und der Minderung damit einhergehender Kosten.

Vorsicht bei Infektionen

Schaden droht dem Hörsinn nicht allein von zu hohen Lautstärken, sondern auch durch Infektionen: Bei anhaltenden Ohrenschmerzen sollten Betroffene in jedem Fall einen HNO-Arzt aufsuchen. Er kann die Ursachen diagnostizieren und für Abhilfe sorgen. Besonders häufig treten beispielsweise Mittelohrentzündungen bei Kleinkindern und Säuglingen auf. Bleibt die Entzündung unbehandelt, wird ein Übergreifen der Entzündung auf andere Bereiche im Ohr riskiert. Verschleppte Infektionen können das Hörvermögen irreparabel schädigen. Gemäß der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sind weltweit über 60 Prozent der Fälle von Kinder-Schwerhörigkeit durch präventive Maßnahmen vermeidbar.

"Das Hörvermögen nimmt ab dem 50. Lebensjahr ab"

Zwei bis drei von 1.000 neugeborenen Kindern kommen mit einer behandlungsbedürftigen Hörstörung zur Welt. Eine unerkannte Schwerhörigkeit gefährdet eine altersgerechte Hör- und Sprachentwicklung. Das Knüpfen von Freundschaften, Sprachenlernen und Erfolg in der Schule - all das und noch mehr hängt von unserem Hörsinn ab. Um Hörstörungen frühzeitig zu erkennen und zu versorgen, gibt es in Deutschland seit dem 1. Januar 2009 flächendeckend ein Hörscreening für Neugeborene. Die einfachste Art der Prävention: Die Ohren vor Nässe, Wind und Kälte schützen - und vor allem vor Lärm. Entscheidend ist die Verwendung des richtigen, jeweils passenden Gehörschutzes. Ein Orchestermusiker braucht zum Beispiel andere Ohrstöpsel als ein Schreiner, dessen Ohren der schrillen Kreissäge ausgesetzt sind, der aber gleichzeitig sein Telefon oder die Türklingel hören möchte. Es gibt Gehörschutz für unterschiedlichste Anforderungen und Ohrformen - vom Industriearbeiter, Motorsportler und Musiker bis zum Hobbygärtner. Ein weiterer Tipp, der beherzigt werden sollte: Reinigen Sie Ihre Ohren nicht innen mit Wattestäbchen. Unser Gehör ist von Natur aus mit einer Selbstreinigungsfunktion ausgestattet, die das Ohrenschmalz, das sogenannte Cerumen, übernimmt. Es ist gesund, den Ohren diese Aufgabe selbst zu überlassen. Staub, abgestorbene Hautzellen und andere Fremdkörper werden mit dem Sekret aus der Ohrmuschel ausgeschwemmt und das Ohr so vor Krankheitserregern geschützt. Quelle: Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen


Altersbedingte Hörprobleme unbedingt frühzeitig behandeln

Tinnitus und Schwerhörigkeit sind eng miteinander verbunden. Für ältere Menschen sei es aus diesem Grund besonders wichtig, Hörprobleme aktiv anzugehen und so psychischen Belastungen und einer negativen Beeinflussung ihrer Lebensqualität vorzubeugen, erklärt die Direktorin des Tinnituszentrums der Charité - Universitätsmedizin Berlin, Prof. Dr. Birgit Mazurek. Wie Studienergebnisse zeigen, wirke sich das Tragen von Hörgeräten positiv auf die Psyche und die geistige Leistungsfähigkeit der Betroffenen aus.

Tinnitus und Schwerhörigkeit

Den Zusammenhang zwischen einem verminderten Hörvermögen und Ohrgeräuschen schildert Mazurek wie folgt: „Tinnitus geht sehr häufig mit Schwerhörigkeit einher. Besonders mit dem Alter nimmt bei vielen Menschen auch die Hörfähigkeit ab.“ Diese Rückbildung könne weitreichende Folgen haben: „Haarzellen und neuronale Strukturen im Innenohr können degenerieren, bei manchen Menschen wird die aktuelle, zentrale Verarbeitung von Informationen im Gehirn langsamer. Man spricht von einer Minderung der fluiden Intelligenz.“ Zudem könne sich die Fähigkeit der sogenannten Sprachdiskrimination mit zunehmendem Alter verringern: „Dann werden höhere Frequenzen und Stimmen nicht mehr so gut erkannt beziehungsweise unterschieden“, so die Klinikprofessorin. Mit einem verbreiteten Vorurteil müsse zudem aufgeräumt werden: „Viele Menschen werden als kognitiv beeinträchtigt wahrgenommen, obwohl sie eigentlich nur schwerhörig sind“, unterstreicht Mazurek. Die körperlichen Folgen einer unbehandelten Schwerhörigkeit seien mittlerweile gut erforscht, berichtet die HNO-Ärztin weiter: „In einer prospektiven Multicenterstudie wurden 2.190 ältere Personen mit Hörverlust über ein Jahr lang untersucht. Das Ergebnis: Je größer der Hörverlust, desto geringer die physische Fitness. Schwerhörige hatten ein um 31 Prozent erhöhtes Risiko zu stürzen sowie eine um 31 Prozent erhöhte Wahrscheinlichkeit, pflegebedürftig zu werden.“

Psychische Belastungen

Die Betroffenen leiden außerdem unter psychischen Belastungen: „Das menschliche Hörsystem ist direkt mit dem limbischen System im Gehirn verbunden, das die Empfindungen und Emotionen steuert. Tinnitus kann sowohl alleine als auch in Kombination mit schlechtem Hören zu Angst und Depressionen führen“, berichtet Mazurek. In Kombination mit weiteren Risikofaktoren könne sich der Zustand zudem noch verschlechtern: „Besonders Stress spielt eine große Rolle und kann sich negativ auswirken.“

"Der positive Effekt von Hörgeräten ist wissenschaftlich belegt"

Hörprobleme aktiv angehen

Um die Begleiterkrankungen einer Schwerhörigkeit zu vermeiden, sei eine frühzeitige HNO-ärztliche Versorgung ratsam, so Mazurek: „Für ältere Menschen ist es besonders wichtig, Hörprobleme aktiv anzugehen und so psychischen Belastungen und einer negativen Beeinflussung ihrer Lebensqualität vorzubeugen.“ Der positive Effekt eine Hörgeräteversorgung sei wissenschaftlich belegt: „In einer gerontologischen Kohortenstudie mit 3.670 älteren Hörbeeinträchtigten wurden Stimmungsänderungen und kognitive Funktionen untersucht: Bei allen hatten sich durch das Tragen von Hörgeräten sowohl die psychosozialen und partizipativ-kommunikativen als auch die kognitiven Funktionen verbessert. Soziale Abgrenzung, Depressionen und Ängste können so verhindert werden“, sagt die Tinnitusexpertin. Tinnituspatienten können nach einer Hörgeräteversorgung mit verhaltenstherapeutischen Ansätzen weiterbehandelt werden: „Eine psychosomatische Behandlung uhnterstützt im Rahmen einer multimodalen Therapie die Betroffenen, den Tinnitus im Alltag weniger wahrzunehmen und mit Hörbeeinträchtigungen besser umzugehen.“ Quelle: Deutscher Berufsverband Deutscher Hals-Nasen-Ohren-Ärzte