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Die Lage in der Ukraine oder nachhaltige Anlagen: Die Finanzbranche steht vor großen Aufgaben, die ihnen die Gesellschaft stellt. Der Runde Tisch Finanzen vom Kölner Stadt-Anzeiger brachte Experten zusammen
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Die Lage in der Ukraine oder nachhaltige Anlagen: Die Finanzbranche steht vor großen Aufgaben, die ihnen die Gesellschaft stellt. Der Runde Tisch Finanzen vom Kölner Stadt-Anzeiger brachte Experten zusammen
Die Lage in der Ukraine oder nachhaltige Anlagen: Die Finanzbranche steht vor großen Aufgaben, die ihnen die Gesellschaft stellt. Der Runde Tisch Finanzen vom Kölner Stadt-Anzeiger brachte Experten zusammen
Teilnehmer und Gastgeber des Runden Tisch. Bild: Thomas Banneyer

Vertrauen in Krisenzeiten – für Banken und Sparkassen ein wichtiges Thema, vor allem, wenn die Krisen so vielfältig und vielschichtig sind wie derzeit. Entsprechend viel zu besprechen hatten die Teilnehmer des Runden Tisches von „Kölner Stadt-Anzeiger“ und Kölnischer Rundschau im Excelsior Hotel Ernst. Tim Bartsch von der Deutschen Bank, Guido Dörrenberg von der Sparkasse KölnBonn, Henrich Maaß von der Helaba Landesbank Hessen-Thüringen, Jürgen Neutgens von der Volksbank Köln Bonn, Hermann-Josef Simonis von der Sparda-Bank West, Marco Steinbach von der Kreissparkasse Köln und Ingo Stockhausen von der Volksbank Oberberg diskutierten mit den Moderatoren Thorsten Breitkopf, Leiter der Wirtschaftsredaktion des „Kölner Stadt-Anzeiger“, und Raimund Neuß, Mitglied der Chefredaktion der Kölnischen Rundschau. Die Themen waren der angespannten gesellschaftlichen Stimmung entsprechend angepasst: Krieg in der Ukraine, Nachhaltigkeits-Kriterien bei Anlagen, Zinsen und die deutschen Sparer und auch die Automatensprengungen wurden angesprochen. Dabei wurde klar: Die Interpretation der Wichtigkeit für die Branche variiert von Haus zu Haus, sogar beim russischen Angriffskrieg in der Ukraine.Die Sorgen der MenschenGuido Dörrenberg von der Sparkasse KölnBonn beobachtet seit dem Angriff im Februar vor allem eines: „Es besteht Kriegsangst. Das vermischt mit Lieferketten, die nicht mehr funktionieren und einem Welthandel, der uns suggeriert hatte, wir bekämen alles zu jedem Zeitpunkt – und der jetzt ins Stocken gerät – das macht den Menschen Sorge.“ Für Tim Bartsch von der Deutschen Bank ist die aktuelle Situation eine Art Weckruf, durch den Anleger und Handelspartner schmerzlich an die Risiken erinnert werden. „Die Deutsche Bank hat bereits vor Kriegsausbruch Geschäfte in Russland weitestgehend reduziert. Mit Ausbruch des Krieges machen wir keinerlei Neugeschäfte mehr in Russland“, betonte er beim Runden Tisch. Ingo Stockhausen von der Volksbank Oberberg beobachtet ebenfalls eine ausgeprägte Angst bei seinen Kunden. „Eine große Unsicherheit bemerkt man auch im Konsum- und Investitionsverhalten. Es ist aber auch die Kombination der Dinge: Wir kommen aus einer Pandemie, wir haben die Energiekrise, eine Sicherheitskrise und der Welthandel steht auch im Fokus. Wir spüren überall die Ausflüsse – auch im privaten Leben“, so der Vorstandsvorsitzende. „Ich glaube aber auch, dass die ökonomischen Folgen für uns in Europa überschaubar bleiben werden.“

Streuung von Risiken

Hermann-Josef Simonis von der Sparda-Bank West mahnte ebenfalls zu Ruhe: „Konservativere Kunden, die in Mischfonds-Varianten investiert haben, werden jetzt teilweise nervös. Wenn Portfolios aber breit aufgestellt sind, ist das auf Dauer die beste Vermögenssicherung. Niemand ist gut beraten, alles in Panik zu verkaufen. Die meisten Kunden sprechen aber mit ihrer Beraterin oder ihrem Berater und bleiben besonnen. Solche Zeiten zeigen, dass es gut ist, Vermögen zu streuen und nicht alles zu einem Zeitpunkt anzulegen.“ Ähnlich sah das Jürgen Neutgens von der Volksbank Köln Bonn: „Die Anlagestrategie ändert sich nicht, da die Streuung von Risiken wichtig bleibt.“ Lediglich die Allokation ändere sich. „Geopolitische Krisen sind ein Punkt, Nachhaltigkeit ist ein weiterer, der schon länger Einfluss auf Anlagen nimmt. Die Zins- und Inflationsthemen sind ebenfalls akut. Die Inflation wird auch weiter höher bleiben als in den vergangenen Jahren. Genau das muss der Anlageberater den Kunden erklären.“

Veränderung im Energiesektor

Henrich Maaß von der Helaba Landesbank pflichtet jedoch zur Vorsicht vor historischen Bewertungen: „Wir werden erst im Nachhinein wissen, ob der Krieg tatsächlich eine Zeitenwende war. Bis auf die Energie, die Russland liefert, ist das Land wirtschaftlich gesehen nahezu unbedeutend. Ich denke, dass Russland nachher den größten Nachteil aus diesem Konflikt zieht. Trotzdem hat der Krieg etwas beschleunigt, was vorher schon da war: eine Veränderung im Energiesektor, die nicht mehr umzukehren ist.“ Die Einschätzungen zeigen: Der Krieg in der Ukraine ist stark mit einem weiteren Thema verbunden, dem sich keine Bank und keine Sparkasse mehr entziehen kann: nachhaltige Anlagen. So gibt es mittlerweile sogenannte ESG-Kriterien, anhand derer sich Kunden über die Nachhaltigkeit einer Anlage informieren können. ESG steht dabei für: Umwelt (Environmental), Soziales (Social) und verantwortungsvolle Unternehmensführung (Governance). Die ESG-Kriterien stehen aber auch immer wieder in der Kritik, da sie nicht genau genug formuliert seien. Dem sind sich auch die Experten beim Runden Tisch bewusst. Henrich Maaß formulierte es so: „Einer der ersten großen ESG-Kredite aus unserem Haus ging an einen der größten CO2-Emittenten. In ESG-Kriterien wird derzeit noch vieles hineininterpretiert, auch von der Finanzindustrie. Da muss noch viel kalibriert werden“, so Maaß. Aber es gebe keine Verwaltungsratssitzung, in der es nicht um ESG-Themen gehe.

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Es entwickelte sich eine angeregte Debatte. Bild: Thomas Banneyer
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Auch abseits des Runden Tisches wurde gefachsimpelt. Bild: Thomas Banneyer

Dauerhafte Renditen

Dass auch große CO2-Emittenten Finanzierungen erhalten, findet Guido Dörrenberg verschmerzbar. „Eine Finanzierung der Transformation hin zu einer stärker nachhaltig ausgerichteten Wirtschaft ist wichtig. Das gilt insbesondere auch für energieintensive Branchen“, so der Diplom-Betriebswirt. „Wir werden uns nur so zum Wandel bewegen können.“ Er beobachtet aber auch, dass nachhaltige Anlagen bereits heute gute und dauerhafte Renditen erzielen. „Langfristig wird ihnen die Zukunft gehören. Und es ist in Ordnung, wenn uns der Schutz unserer Lebensgrundlagen etwas Rendite kosten sollte. Sicherlich gibt es auch hier ,faule Eier’, womit wir wieder bei der Streuung der persönlichen Investments und der Frage nach einer soliden Beratung sind.“ Einen wichtigen Hinweis für Anleger gab in diesem Zusammenhang Tim Bartsch: „Ab August ist es verpflichtend, dass Kapitalanleger sich äußern, wie wichtig ihnen ESG-konforme Geldanlagen sind. Das wird dieses Thema noch weiter in den Fokus der Anleger rücken.“ Dazu ergänzte Ingo Stockhausen: „Es ist politisch gewollt, dass wir unsere Anlagen neu sortieren und im Mittelstandsgeschäft die ESG-Kriterien unmittelbar hinter die Bonitätsfragen stellen. Die Menschheit wird sich auch hier den Notwendigkeiten widmen, so, wie sie es schon immer getan hat.“

Aspekt der Rechtsstaatlichkeit

Dabei geht es bei nachhaltigen Anlagen nicht nur um Klimaschutz, wie Marco Steinbach von der Kreissparkasse Köln betonte: „Der Trend zu mehr Nachhaltigkeit bei Finanzanlagen wird bislang von vielen Kundinnen und Kunden in erster Linie noch mit Klimafragen in Verbindung gebracht. Die durch den Angriffskrieg Russlands neu bewertete Situation von Ländern mit autokratischem Führungsstil dürfte aber dazu beitragen, dass in Zukunft auch dem Aspekt Rechtsstaatlichkeit noch mehr Bedeutung beikommt.“ Und doch müssen sich Anleger im Klaren sein, dass ESG mal strenger und mal weniger streng gehandhabt werde. Ingo Stockhausen fasste es so zusammen: „In der Praxis wird das Geschäft auch mit nicht in jeder Hinsicht nachhaltig wirtschaftenden Unternehmen getätigt. Da sollten wir uns nichts vormachen.“ Und gleichzeitig sei bei global getätigten Geschäften zu beachten: „Bei ESG geht es auch um soziale und ökonomische Fragestellungen. Die Doppelmoral begleitet uns häufig, auch in der Gestaltung. Wir haben global viele Regime, die sich diese Fragen gar nicht stellen – und auch dort sind rechtsstaatliche Volkswirtschaften mit ihren Unternehmen und Banken wirtschaftlich aktiv. Das ist eine insgesamt schwierige Diskussion und meine Sorge ist, dass es zu einer Zerreißprobe für unsere Branche wird.“

Sparen bleibt bedeutend

Über all diesen Themen schwebt noch eine weitere Zerreißprobe: die Zinsen und das Sparen. Hierbei gingen die Einschätzungen der Experten teilweise auseinander, zum Beispiel zur Frage, ob die Deutschen denn immer noch Sparkönige seien. Henrich Maaß meinte: „Junge Leute sparen nicht mehr so viel wie früher.“ Ingo Stockhausen beobachtet hingegen etwas anderes: „Es wird immer noch gespart.“ Dabei seien er und seine Kollegen im ländlichen Raum auf den Kundenkontakt angewiesen. „Wir müssen uns aber fragen, welches Kundenerlebnis, welchen Mehrwert wir den Kunden, vor allem im ländlichen Bereich, bieten.“ Guido Dörrenberg ergänzte, dass Sparen immer noch immens wichtig sei – auch bei der derzeitigen EZB-Politik, die sich stark auf das lokale Geschäft auswirke: „Gerade für junge Sparer ist Vermögensbildung wichtig – unabhängig von der jeweiligen Anlageklasse. Kleine Sparbeträge sind hier auch kein Hindernis, denn zum Beispiel ETF-Sparpläne sind schon ab 20 Euro im Monat abschließbar“, so Dörrenberg.

Internationaler Vergleich

Tim Bartsch sah das ähnlich: „Angesichts der Tatsache, dass Deutschland im internationalen Vergleich eine der höchsten Sparquoten hat, liegt die Herausforderung und der gesellschaftliche Auftrag der Banken darin, insbesondere jüngeren Kunden zu vermitteln, wie man richtig spart.“ Denn auch wenn die Zinsen aktuell steigen: „Eine positive Realverzinsung wird mit klassischen Spareinlagen auf Sicht nicht zu erreichen sein. Wer über einen entsprechenden Anlagehorizont verfügt, kommt um Kapitalmarktinvestments nicht vorbei. Auch oder gerade trotz der starken Schwankungen, die wir in diesem Jahr erleben müssen.“ Hermann-Josef Simonis konnte von einer daraus resultierenden Entscheidung seines Hauses berichten: „Wir bieten nur noch Tagesgeldkonten, aber kein Sparkonto mehr an. Angesichts der aktuell sehr hohen negativen Realverzinsung wollen wir unsere Kunden dazu bewegen, zeitgemäß am Kapitalmarkt anzulegen und anzusparen.“

Fokus auf Beratungsuqalität

Zeitgemäßes Banking bedeutet aber auch: Online- und Telefon-Banking mit dem persönlichen Kontakt in den Filialen vor Ort zu verzahnen. Für manches Haus ist es gar nicht so leicht, da mit günstigeren Direktbanken mitzuhalten. Beim Runden Tisch fasste es Jürgen Neutgens indes so zusammen: „Jedes Haus muss für sich das beste Modell finden. Der persönliche Kontakt bleibt bei uns die Nummer eins. Unsere Kunden schätzen den persönlichen Kontakt und dafür bezahlen sie auch. Die Preisunterschiede zu reinen Direktbanken sind dabei nicht relevant.“ Doch junge Kunden brauchen oftmals weniger Filialbesuche für ihre Bankgeschäfte. Für die Deutsche Bank berichtet Tim Bartsch: „Unser Fokus liegt auf sehr hoher Qualität in der Kundenberatung – unabhängig davon, ob die Beratung persönlich vor Ort, per Video oder Telefon stattfindet. Durch Pandemie und Krieg hat der Beratungsbedarf der Kunden zugenommen. Insbesondere und spätestens bei größeren Entscheidungen, zum Beispiel dem Kauf der eigenen Immobilie oder bei der Vermögensanlage, nehmen Kunden unsere Expertise in Anspruch, die eine Direktbank in der Form nicht bieten kann.“

Sicherheit der Bankautomaten

Zur Ausstattung einer modernen Bank oder Sparkasse gehört aber auch: die Sicherheit ihrer Bankautomaten. Selbst wenn jüngere Kunden immer öfter ohne Bargeld auskommen – die Automaten sind nicht wegzudenken. Das Abheben beim Supermarkt oder in der Tankstelle sei für viele Menschen keine Option. Hermann-Josef Simonis: „Für viele Menschen ist das aber ein komisches Gefühl, in der vollen Schlange Geld abzuholen. Daher ist die Akzeptanz noch nicht sehr hoch.“ Gleichzeitig stellt es die Branche vor eine enorme Herausforderung die Automaten vor Sprengungen zu schützen. Marco Steinbach von der Kreissparkasse Köln fasst es so zusammen: „Die Sicherheit der Menschen in der unmittelbaren Nähe von Geldautomatenstandorten steht immer an erster Stelle. Wir stehen daher im engen Austausch mit den Polizeibehörden und haben bereits in der Vergangenheit verschiedene präventive Maßnahmen für einen verbesserten Schutz der Geldautomatenstandorte umgesetzt. Einige Sprengvorfälle konnten so verhindert werden. Jedoch haben die Täter ihr Vorgehen verändert und werden immer brachialer sowie rücksichtsloser in der Wahl der Mittel. So müssen wir auch die Risiken immer wieder neu bewerten.“ Fest steht: Es passiert einiges in der Branche, Krisen und Herausforderungen werden nicht weniger. Fest steht aber auch: Banken und Sparkassen befinden sich im Umbruch, um für alle Kunden das bestmögliche Angebot zu liefern. Jennifer Wagner

Die Teilnehmer des runden Tisches

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Bild: Thomas Banneyer

„Eine positive Realverzinsung wird mit klassischen Spareinlagen auf Sicht nicht zu erreichen sein.“

Tim Bartsch, Marktgebietsleitung Privatkunden Köln-West, Deutsche Bank

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Bild: Thomas Banneyer

„Es besteht Kriegsangst.“

Hans-Guido Dörrenberg, Generalbevollmächtigter der Sparkasse KölnBonn

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Bild: Thomas Banneyer

„Wir werden erst im Nachhinein wissen, ob der Krieg tatsächlich eine Zeitenwende war.“

Henrich Maaß, Leiter der Helaba-Niederlassung Düsseldorf Helaba Landesbank Hessen-Thüringen

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„Die Anlagestrategie ändert sich nicht, da die Streuung von Risiken wichtig bleibt.“

Jürgen Neutgens, Mitglied des Vorstandes, Volksbank Köln Bonn eG

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„Wir bieten nur noch Tagesgeldkonten, aber kein Sparkonto mehr an.“

Hermann-Josef Simonis, Generalbevollmächtigter, Sparda-Bank West eG

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„Die Sicherheit der Menschen in der Nähe von Geldautomatenstandorten steht an erster Stelle.“

Marco Steinbach, Stv. Mitglied des Vorstands, Kreissparkasse Köln

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„In der Praxis wird das Geschäft auch mit nicht in jeder Hinsicht nachhaltig wirtschaftenden Unternehmen getätigt.“

Ingo Stockhausen, Vorstandsvorsitzender, Volksbank Oberberg eG

"Die Unsicherheit wirkt sich auch auf den Konsum aus"

"Gerade für junge Menschen ist Vermögensbildung wichtig"

Der Runde Tisch

Der Runde Tisch ist eine Veranstaltung des Medienhauses DuMont Rheinland. Regelmäßig bitten „Kölner Stadt-Anzeiger“ und Kölnische Rundschau Spitzenvertreter verschiedener Wirtschaftszweige und Institutionen zum informellen Austausch. Die Gesprächsrunden finden zu überregionalen und lokalen Themen statt.