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Die Meisterin Vanessa Didam unterrichtet in der Schornsteinfegerinnung Köln, wünscht sich mehr Frauen im Handwerk und belegte zudem den zweiten Platz bei der Wahl zur "Miss Germany 2023"
Schornsteinfegerhandwerk : Ganz oben mit dabei
Schornsteinfegerhandwerk : Ganz oben mit dabei
Vanessa Didam bei ihrem Job über den Dächern der Stadt Bild: Arne Schröder

Als Schornsteinfegermeisterin geht es für Vanessa Didam jeden Tag hoch hinaus. Doch auch bei der Wahl zur „Miss Germany 2023“ erreichte sie vor Kurzem den zweiten Platz - mit einer klaren Botschaft: „Mehr Frauen ins Handwerk!“

Schornsteinfegerin zu sein, war schon immer Vanessa Didams Kindheitstraum: „Ich fand das früher super faszinierend, wenn der Schornsteinfeger bei uns klingelte. Der kam zweimal im Jahr, um den Kamin zu kehren und hatte diese saucoole Uniform an. Das hat mir sehr imponiert - und dann ging der auch noch auf diesen geheimnisvollen Dachboden, auf den ich als Kind nicht durfte. Da stand es eigentlich schon für mich fest, dass ich das auch mal machen wollte“, erinnert sich die heute 30-jährige Vanessa Didam mit einem Augenzwinkern. Nach wie vor ist das Schornsteinfegerhandwerk eine eher ungewöhnliche Berufswahl für junge Frauen: „Ich bin jetzt sechs Jahre in diesem Kehrbezirk, mich kennen die Leute und wissen was ich kann. Aber wenn ich weiter zurückdenke, ist mir das auch schon passiert, dass da Leute so nach dem Motto meinten: ,Eine Frau? Nö, schick' mal den echten Schornsteinfeger!***

„Kein Jungsding“

Diese verkrustete Denkweise will Vanessa Didam kräftig durchrütteln, wie einen verrußten Kamin: „Ich glaube, da läuft oft schon im Kindesalter etwas falsch. Ich finde, es sollte von Kleinauf gezeigt werden, dass es kein Jungsding ist, etwas mit den Händen zu machen. Das kann ein Mädchen genauso. Es gibt längst keine klassischen Rollenbilder mehr. Jeder kann und sollte das machen, woran er Spaß hat.“

Jeder Mensch sollte machen, was ihm oder ihr Spaß macht

Echte Challenge

Für Vanessa Didam geht es jeden Tag hoch hinaus Bild: Arne Schröder
Für Vanessa Didam geht es jeden Tag hoch hinaus Bild: Arne Schröder

Eine Botschaft, die die Schornsteinfegermeisterin auch bei einem ganz besonderen Wettbewerb bundesweit platzieren konnte, an dem sie Anfang des Jahres eher spontan teilnahm - der Wahl zur Miss Germany 2023: „Für mich war so eine Misswahl eigentlich nie Thema, weil Schönheit für mich nichts mit Optik zu tun hat. Als ich aber mitbekommen hab, dass sich der Wettbewerb komplett gewandelt hat und jetzt eher eine Plattform ist, auf der sich Frauen präsentieren, wie sie wirklich sind - Frauen, die Verantwortung übernehmen und was in der Welt bewegen, da dachte ich: Okay, das klingt nach mir.“ Am Ende schaffte Didam es auf einen respektablen zweiten Platz: „Ich muss sagen, auf dem Dach fühle ich mich deutlich wohler und sicherer als bei der Misswahl auf der Bühne. Wahrscheinlich, weil ich in meinem Handwerk mittlerweile sehr viel Routine habe. Auf der Bühne vor so vielen Menschen zu reden, ist für mich dagegen immer noch eine Challenge.“

Herausforderung gewünscht

Bei der Demo zum „Cologne Pride 2023“ zeigte sich auch die Initiative „Buntes Handwerk“ Bild: Michael Gottschalk
Bei der Demo zum „Cologne Pride 2023“ zeigte sich auch die Initiative „Buntes Handwerk“ Bild: Michael Gottschalk

Aber Herausforderungen sind genau ihr Ding und deshalb hat sie in diesem Jahr beruflich noch eine ganz andere „Bühne“ übernommen: Bei der Schornsteinfegerinnung Köln in Troisndorf-Spich unterrichtet sie inzwischen in der - Überbetrieblichen Lehrlingsunterweisung s und gibt damit ihr Fachwissen an die nächste Generation weiter. Denn der Bedarf ist riesig: „Wir haben gerade im Schornsteinfegerhandwerk eine große Transformation vor uns. Durch die Energiewende werden auch wir uns ganz neu aufstellen müssen. 2045 ist ja Schluss mit fossilen Brennstoffen und auch in unserem Handwerk werden wir das zu spüren bekommen. Bei der Innung haben wir deshalb gerade für sehr viel Geld eine Wärmepumpenwand bestellt, an der auch die Azubis dann lernen werden. Das ist ein Baustein, mit dem wir das Schornsteinfegerhandwerk so gut es geht auf s die Entwicklungen vorbereiten und gleichzeittig die Energiewende bestmöglich unterstützen möchten“, sagt Didam, die sich ebenfalls ehrenamtlich im Prüfungsausschuss bei der Zwischenprüfung sowie der Gesellenprüfung engagiert: „Das Ehrenamt finde ich gerade deshalb so wichtig, weil es mir die Chance bietet, in den Lernthemen drin zu bleiben. Ich bin jetzt seit neun Jahren Meisterin. Da merkt man schon mal, wie schnell man bei manchen Dingen nicht mehr ganz so sattelfest ist. Ich finde deshalb ganz wichtig, dass man sich selbst immer wieder challenged und gezielt mit Themen befasst, wenn sich beispielsweise die gesetzliche Grundlage ändert. Ich möchte, dass mein Handwerk bestmöglich für die Zukunft aufgestellt ist. Auf diese Weise kann ich ganz vorne mit dabei sein.“

Den Rücken gestärkt

Ganz oben war sie jedenfalls schon immer gerne, zum Beispiel als Kind beim Klettern auf Bäumen. Höhenangst war also nie ein Thema, auch wenn das nicht gerade in der weiblichen Linie ihrer Familie verankert zu sein scheint: Sowohl ihre Schwester als auch ihre Mutter haben beide extreme Höhenangst. Auch wenn sie beide als „taffe“ Frauen empfindet, hätte sich Vanessa Didam also gerne weitere weibliche Vorbilder gewünscht, die zu ihren Interessen passten. Doch ausgerechnet eine Schornsteinfegergesellin, bei der sie mit 13 oder 14 Jahren ein Schulpraktikum absolvierte, riet ihr von diesem Beruf ab: „Ich war völlig perplex, weil sie sagte, ich müsse mich entscheiden, ob ich ein Kleid anziehen oder Schornsteinfeger sein wolle. Die hätten ein riesen Kreuz und sehr viele Muskeln - auch wenn das aus heutiger Sicht mit der Fitnessbewegung schon wieder cool klingt. Damals bin ich nach Hause gegangen und dachte: Das mache ich nicht.“ Glücklicherweise hat ausgerechnet ihre höhenängstliche Mutter ihr dann den Rücken gestärkt und so dabei geholfen, am eigenen Traum festzuhalten.

Bunt und vielfältig

Entgangen wäre Vanessa Didam einiges. Zum Beispiel das tolle Gefühl, als Schornsteinfegerin überall als Glücksbringerin begrüßt zu werden. Dieses Erlebnis hatte sie zuletzt mit der von ihr und der amtierenden Miss Handwerk, Maren Kogge, gegründeten Initiative r „Buntes Handwerk“. Zusammen mit mehr als 100 Handwerkerinnen und Handwerkern hat sie auf der Demonstration zum „Cologne Pride 2023“ gezeigt, wie bunt und vielfältig das -Handwerk ist.

Einfach mal googeln

Glücksgefühle wünscht sie sich auch für jeden jungen Menschen auf der Suche nach dem passenden Ausbildungsberuf: „Wer gar nicht weiß, welche Berufe es gibt, dem rate ich, einfach mal zu googeln - vor allem Handwerksberufe. Dann würde ich ein Praktikum machen. Es gibt so viele Handwerksberufe, die man gar nicht auf dem Schirm hat: Es gibt immer noch Bootsbauer und Uhrmacher und so viele coole Sachen. Das muss man einfach mal ausprobieren“, erklärt die 30-Jährige und betont: „Ich kenne eine ganze Menge von Leuten, die sonntags denken: "Gott, morgen ist schon wieder Montag und ich hab keinen Bock zu arbeiten.' Aber ich kenne kaum jemanden im Handwerk, der auf der Arbeit unzufrieden ist. Wenn man Lust hat, mit Menschen zu arbeiten und auch was mit den Händen zu machen, dann sollte man etwas im Handwerk ausprobieren, zum Beispiel bei einem Schnuppertag wie dem Girls'Day.“ Und so übernimmt Vanessa Didam mit vollem Einsatz genau die Vorbildfunktion, die ihr selbst gefehlt hat: „Nach meinem zweiten Platz bei der Misswahl haben mir junge Mädels geschrieben:, Ich hab Dich da gesehen und Handwerk noch gar nicht auf dem Schirm gehabt. Ich fand das total cool und hab jetzt ein Praktikum gemacht. Das ist für mich die allergrößte Belohnung“, sagt Vanessa Didam.